FSK bei Büchern: Warum gibt es (bisher) keine Altersbeschränkung?
Besonders seit das Subgenre Dark Romance auf dem Vormarsch ist, wird vermehrt über eine Altersbeschränkung bei Büchern gesprochen. Wieso gibt es kein FSK?
Für Filme, Serien, das Fernsehen und Videospiele ist es ganz normal, dass es eine Altersbegrenzung gibt. Auch beim Kauf (sogar auf Plattformen wie eBay oder Kleinanzeigen) gibt es diese Beschränkung und dementsprechend eine Alterskontrolle durch einen Personalausweis oder ein anderes offizielles Dokument. Warum gibt es dann keine Altersbeschränkung bei Büchern? Viele Horrorfilme und Thriller basieren ja zum Beispiel auf Büchern. Seit einiger Zeit kommt da noch ein weiteres Thema auf, über das oft diskutiert wird und für das viele Lesende selbst eine FSK für Bücher verlangen.
Was ist Dark Romance?
Altersbeschränkung auf intime Szenen?
Auch bei Bildmaterialien spielt nicht nur Gewalt eine Rolle, sondern auch Nacktheit oder eben Intimität. Für den Kinder- und Jugendschutz ist es wichtig, Kinder in Bereichen der Intimität zu schützen. Seit dem riesigen Erfolg von Büchern wie „Hunting Adeline“ von H. D. Carlton oder der „Very Bad Kings“-Reihe von J. S. Wonda wird auf den sozialen Netzwerken vermehrt über eine Altersbeschränkung von sogenannten „Dark Romance“-Büchern diskutiert. Diese Bücher sind per se Liebesromane, die aber dunkle, gewaltvolle, teilweise triggernde Themen behandeln. Oft werden Themen wie Stalking, Gewalt und Missbrauch mit der Liebesgeschichte so eng verknüpft, dass es vor allem für ein junges Publikum schwierig sein dürfte, moralisch richtige Werte erkennen zu können. Einige der Bücher haben viele sehr detailliert beschriebene Sexszenen, die von der jungen Community als Spice betitelt werden. Um diese Szenen gibt es einen regelrechten, nicht unkritischen, Hype. Wenn man sich die harmlos wirkenden pastell-farbenen Cover und teilweise blumigen Klappentexte durchliest, ist es nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, wie explizit diese Bücher werden. Deshalb wird die Kritik immer lauter, dass solche Bücher verpflichtend mit einer Altersempfehlung versehen sein sollten.
Gibt es das denn nicht schon?
Altersempfehlung bei Büchern
Bisher ist es so, dass für geschriebene Worte und damit auch für Bücher nur eine Altersempfehlung, aber keine Altersbeschränkung besteht. Das bedeutet auch, dass es beim Kauf der Bücher keine Ausweiskontrolle für das Alter gibt. Auf TikTok ist erschreckenderweise oft zu sehen und auch in den Kommentaren zu lesen, dass teilweise vor allem ein weibliches Publikum mit nur 12 oder 13 Jahren schon Bücher wie „Hunting Adeline“ liest. Wenn Eltern die Bücher nicht selber kennen oder gelesen haben, ist es für sie schwierig zu wissen, was für Inhalte in dem Buch vorkommen und sie können ihr Kind vielleicht nicht ausreichend davor schützen. Deswegen fordern immer mehr User*innen auf TikTok eine rechtskräftige und damit offizielle Altersbeschränkung.
Doch was ist die FSK überhaupt?
Wer oder was ist die FSK?
Die FSK, die Freiwillige Selbstkontrolle, ist eine seit 1949 in Wiesbaden sitzende Einrichtung der Filmwirtschaft. Im Fokus steht die „medienpolitische und medienpädagogische Verantwortung“, bei der Filme und Bildträger in Deutschland für die öffentliche Vorführung geprüft werden. Wie der Name aber schon sagt, ist diese eben freiwillig. Die Selbstkontrolle soll im gewünschten Kontrast zu einer Zensur stehen, damit sollte ganz gezielt nach dem Zweiten Weltkrieg „behördliches Eingreifen und staatliche Reglementierung überflüssig“ gemacht werden. Die FSK arbeitet aber eng am Jugendschutzgesetz (JuSchG), weshalb Filme in offizielle und rechtskräftige Alterskategorien eingestuft werden. Seit ihren Anfängen erweitert die FSK ihren Arbeitsbereich immer mehr aus und umfasst mittlerweile auch Videospiele, das Fernsehen, Online-Bereiche und seit 2011 auch andere Webangebote. Dies alles hat aber eben eins gemeinsam: Bildmaterial.
Wer wäre bei Büchern verantwortlich?
Keine Altersfreigabe bei Büchern
Das Problem ist, dass Printmedien nicht im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag für Telemedien einbegriffen sind. Gibt es also keinen offiziellen Jugendschutz bei Büchern? Es gibt zwar eine Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM), dort werden aber nur strafrechtliche Vergehen wie zum Beispiel Volksverhetzung, Kriegsverherrlichung, Menschenwürde verletzende Realdarstellungen, Kinder/Jugend-Pornografie, und die Darstellung von Kinder oder Jugendlichen in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung geprüft und dann auf eine Liste, den sogenannten Index gesetzt. Solche Index-Bücher dürfen zum Beispiel nicht beworben werden. Beim geschriebenen Wort zeigt sich vor allem im Vergleich zu Bildmaterialien das Problem der Einstufung. Durch Synonyme, Metaphern, Beschreibungen & Co. können gewisse Dinge umgangen und trotzdem beschrieben werden. Wie soll das geprüft oder gefiltert werden? Erste Verursache von einem technischen Filtersystem zeigen immer noch große Schwächen, wie Die Zeit berichtet.
Aktuell fehlt einfach die Verantwortlichkeit:
Wer wäre für eine Prüfung überhaupt verantwortlich?
Neben der fehlenden Rechtslage bleibt auch die Frage offen, wer überhaupt für die Prüfung verantwortlich ist. Die FSK ist eben eine unabhängig gegründete Organisation. Wer soll das bei Büchern übernehmen? Der Verlag? Die Autor*innen selbst? Der Handel? Oder eben auch eine selbstständige Organisation oder vielleicht sogar eine staatliche Institution wie ein Ministerium? All diese Fragen sind bisher ungeklärt und die Verantwortung wird hin und her geschoben. Verlage und Buchhandel sprechen vermehrt Altersempfehlungen aus und zeichnen diese auch kenntlich aus. Autor*innen verfassen Triggerwarnungen, um Lesende zu schützen. Lesende sprechen auf den sozialen Netzwerken über fehlende Altersbeschränkungen, machen auf den Mangel aufmerksam und klären auf, warum sie wichtig finden, dass Bücher beschränkt werden.
All diese Punkte weisen darauf hin, dass sich eine rechtliche Lösung finden muss. Und dies vermutlich auch in den nächsten Jahren passieren wird, so unsere Einschätzung.
Warum ist besonders im Falle von Dark Romance der Schutz so wichtig?
Die eigene Sexualität schützen
Neben der vielleicht verstörenden Gewalt, die in Büchern wie „Hunting Adeline“ beschrieben wird, geht es vielen Lesenden auch um den Schutz der Sexualität von jungen Menschen. Diese Diskussion kennt man auch schon aus dem Erotikfilmbereich. Jugendliche entdecken ihre Sexualität schrittweise, und Pornos, aber eben auch explizite Bücher, können ein falsches Bild vermitteln. Jugendliche könnten beispielsweise Fetische, Missbrauch oder einfach auch besonders attraktive Körper für Normalität ansehen und dadurch den Blick auf eine gesunde Beziehung zum eigenen Körper und der eigenen Sexualität verlieren. Vielen jungen Menschen fällt es in dieser Zeit schwer, mit Erziehungsberechtigten oder Lehrkräften über solche Themen und aufkommende Fragen zu sprechen. Weswegen eben Medien und das Internet hier auch eine pädagogische und verantwortungsvolle Rolle übernehmen sollten und der Konsum von Medien für Kinder und Jugendliche ein geschützter Raum sein muss.
Wo kannst du dich als Eltern informieren?
Wie kannst du dich als Eltern informieren?
Während auf Kinderbüchern eine Altersempfehlung oft auf dem Cover oder der Rückseite zu finden ist, sieht man diese bei Erwachsenenbüchern häufig allenfalls in Rezensionen oder Beschreibungen. Manchmal liegen im Buchgeschäft neben den Büchern Zettel oder Aufsteller mit einer Altersempfehlung. Bei LovelyBooks kann man zudem nach Büchern „ab 16 Jahre“ oder „ab 18 Jahre“ suchen und findet dann „alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag 'ab 18 Jahre' gekennzeichnet haben“. Dort sind auch aktuelle BookTok-Bücher wie „Bride“ von Ali Hazelwood oder „Stalking Jack the Ripper“ von Kerri Maniscalco zu finden. Besonders wenn bei Jugendlichen das Interesse an nicht explizit für Jugendliche geschriebenen Büchern wächst, sollten Eltern sich genauer damit beschäftigen, worum es in dem Buch geht. Eine schnelle Google-Suche und ein Blick auf die Bewertungen kann häufig schon reichen. Ansonsten sind Mitarbeitende in der Buchhandlung bei dem Thema häufig sehr aufgeklärt und helfen gerne.