Wie wird ein Buch Bestseller bei SPIEGEL und New York Times

Die SPIEGEL oder New York Times Bestseller Sticker auf Büchern kennen alle. Aber wie bekommt ein Buch den Sticker? Und kann man die zwei Listen vergleichen?

Die „Spiegel Bestseller“ sieht man in jedem Buchladen.
Quelle: IMAGO / suedraumfoto

Wer gerne liest, der kennt sie zur Genüge: Die Sticker mit der Aufschrift „SPIEGEL Bestseller“ oder „New York Times Bestseller“. Es sei dahingestellt, dass viele Bücherwürmer die Sticker direkt entfernen, wenn sie das Buch in den Händen halten. Trotzdem ergeben sich einige spannende Fragen: Wie wird ein Buch überhaupt zum „SPIEGEL Bestseller“; warum ausgerechnet „SPIEGEL“ und nicht „Stern Bestseller“ oder Ähnliches? Kann man die beiden großen Bestseller-Listen vergleichen, also SPIEGEL und New York Times? Und wer entscheidet überhaupt, was auf der Liste steht? 

Wir haben Antworten auf diese Fragen und Infos, die teilweise ziemlich haarsträubend sind: 

Was hat der SPIEGEL mit der Bestseller-Liste zu tun?
Quelle: IMAGO / teutopress
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Wie wird ein Buch ein SPIEGEL-Bestseller?

Bestseller bedeutet ja erstmal nichts anderes als „am besten verkauft“. Seit 1971 ermittelt das Fachmagazin „Buchreport“ im Auftrag des SPIEGELS in Deutschland die Bücher, die sich innerhalb einer bestimmten Zeit (einer Woche, eines Monats) am häufigsten verkauft haben. Schon 1961 druckte der SPIEGEL selbst erstmalig eine Bestseller-Liste. 

Damals war übrigens Heinrich Bölls „Erzählungen, Hörspiele, Aufsätze“ und Ivo Andric  „Wesire und Konsuln“ auf der Liste. 1962 war dann neben Böll auch schon die erste Frau vertreten: Anne Golon mit ihrem Schmachtschmöker „Angélique, die Rebellin“.

Dadurch, dass der SPIEGEL die Liste wöchentlich veröffentlicht, hat sich der Begriff „SPIEGEL-Bestseller“ fest etabliert und ist einfach dem Umstand geschuldet, dass der SPIEGEL die Liste in Auftrag gibt und druckt. 

Seit 2024 gibt es aber eine Erneuerung:

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Buchreport wurde eingestellt 

Obwohl es den „Buchreport“ schon so lange gibt, wurde das Fachmagazin unlängst eingestellt. Die Erhebung der Verkaufsdaten übernimmt seit Anfang 2024 nun der „Buchmarkt“ für den SPIEGEL. Doch auch für den „Buchmarkt“ läuft es schlecht und es wurde bekannt, dass die letzte Ausgabe für den Dezember 2024 geplant ist. Wie es dann weitergeht, wird sich zeigen. 

Aber wie wird etwas überhaupt zum SPIEGEL-Bestseller? 

Was bedeuten die Bestseller-Sticker?
Quelle: Buchpanda.de

Wie wird ein Buch zum Bestseller?

In Deutschland sind die Kassensysteme von allen offiziellen Orten, die Bücher verkaufen – also Buchhandlungen, Kioske, Tankstellen, Drogerien und Bahnhofsgeschäfte – mit einem elektronischen Server verbunden, der die Verkäufe der einzelnen Bücher täglich zählt und an die Datenbank von „media control“ schickt. Diese Daten werden immer am Montagmittag für die Vorwoche an den Buchreport übermittelt, der wiederum die Verkäufe in Kategorien einteilt. 

Grob gibt es mehrere Kategorien für Bestseller: Sachbuch oder Belletristik, Hardcover, Taschenbuch/Paperback oder eBook. Damit ein Buch in diese jeweilige Kategorie fällt, gibt es einige Kriterien, die es erfüllen muss. Bei einem Hardcover oder einem Paperback sind das zum Beispiel die originale deutsche Erstausgabe in gedruckter Form und die individuell-eigenschöpferische Leistung. Wenn es als Belletristik gelten soll, darf es kein Nachschlagewerk, Ratgeber, Sachbuch etc. sein und auch keine humoristische Bearbeitung eines Sachthemas. Ein Kinderbuch darf es auch nicht sein, da es hier eigene Listen gibt. Hinzu kommen technische Kriterien wie die Seitenhöhe oder die Buchdecke usw., um in das jeweilige Format zu passen. 

Und wann kommt der Sticker auf das Buch? 

Der „SPIEGEL Bestseller“-Sticker ist in Deutschland sehr angesehen.
Quelle: IMAGO / Manfred Segerer

Wann bekommt ein Buch den begehrten Sticker? 

Bücher oder Autor*innen dürfen den Sticker auf ihre Bücher kleben lassen, wenn sie bei Kinder- und Jugendbüchern unter den Top 10 der bestverkauften Bücher der Woche waren. Bei Hardcover-, Taschenbuch-, Ratgeber- und Wirtschaftsbestsellern gelten die Top 20. 

Kleine Randinfo: Michael Ende ist der Autor, der sich am längsten auf der deutschen Bestseller-Liste gehalten hat – unschlagbare 111 Wochen mit „Die unendliche Geschichte“. Platz 2 belegt mit 69 Wochen „Der Schamane“ von Noah Gordon und Platz 3 mit 68 Wochen Gabriel García Márquez mit „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“.

Im Juni 2003 hat es erstmalig ein fremdsprachiger Titel auf die SPIEGEL-Liste geschafft, nämlich „Harry Potter und der Orden des Phönix“. Seitdem werden auch fremdsprachige Titel in die Bestseller-Listen von SPIEGEL und SPIEGEL ONLINE aufgenommen. Gibt es auch eine deutsche Übersetzung, so platziert sich die erfolgreichere der beiden Ausgaben.

Was bedeuten die Kriterien nun?

An den Bestseller-Listen gibt es auch viel Kritik.
Quelle: IMAGO / HEN-FOTO

Kritik an der Bestseller-Liste

Ein Beispiel: Die Bücher, die in der ersten Septemberwoche besonders viel gekauft wurden, schaffen es auf die Bestseller-Liste ebenjener Woche. Im Umkehrschluss kann das aber bedeuten, dass ein Buch, das stetig gut verkauft wird, aber eben nie unter den Top 10 einer aktuellen Woche ist, es nicht auf die SPIEGEL-Bestseller-Liste schafft. Selbst wenn es über längere Zeit viel öfter verkauft wurde als ein Buch, das nur für eine Woche auf der Bestseller-Liste stand. 

Expert*innen kritisieren immer wieder, dass der Bestseller-Sticker sozusagen zur Selbsterfüllung wird. Es ist wahrscheinlich, dass Menschen auf die Marketingmasche reagieren und ein Buch mit einem Sticker eher kaufen als ein Buch ohne. Der SPIEGEL-Bestseller-Sticker ist in unserer Gesellschaft eine prestigereiche Auszeichnung und wird häufig mit der Qualität des Buches gleichgesetzt, obwohl diese überhaupt nicht relevant ist. 

Bei den Bestsellern der New York Times ist es übrigens noch schlimmer:

Kann man „SPIEGEL Bestseller“ und „New York Times Bestseller“ vergleichen?
Quelle: Buchpanda.de

Die „New York Times Bestseller“

Schon seit 1931 werden in der „New York Times Book Review“, einer wöchentlichen Beilage zur großen US-amerikanischen Tageszeitung, die Bestseller der Woche ausgeschrieben. Zu Beginn wurden allerdings wirklich nur Buchverkäufe aus der New Yorker Gegend ermittelt. So war es beispielsweise im Oktober 1931 Warwick Deeping mit „The Ten Commandments“, der in der Rubrik Fiction an der Spitze der Liste stand. Im April 1942 wurde die Liste erstmalig landesweit ermittelt und John Steinbeck war mit  „The Moon is Down“ der erste erfasste Bestseller-Autor, dicht gefolgt von Rachel Field mit  „And Now Tomorrow“ im Juni und Juli 1942.

Wie werden die „New York Times Bestseller“ ermittelt? 

Die „New York Times Bestseller“-Liste gibt es schon seit den 1930er Jahren.
Quelle: IMAGO / Depositphotos

Welche Kenndaten gibt es für die „New York Times Bestseller“?

Auch in der US-amerikanischen Bestseller-Liste wird zwischen den Kategorien Fiktion und Sachbuch und weiter unter Hardcover, Taschenbuch und E-Book unterschieden. Übrigens: Die „Book Review“ selber, also ohne den New Yorker Fokus, gibt es wohl schon seit 1896. Sie war aber zuerst sehr umstritten und unbeliebt. 

Jetzt kommen wir zu der Frage, wie die Verkäufe ermittelt werden. Und da dürfte vor allem dem deutschen Buchmarkt der Mund offen stehen bleiben. 

So läuft es:

1983 wurde die New York Times wegen der Bestseller-Liste verklagt.
Quelle: IMAGO / NurPhoto

Die „New York Times Bestseller“-Liste ist ein „Editorial Project“

1983 verklagte der Autor William Peter Blatty ( „Der Exorzist“ ) die New York Times, weil sein Buch trotz hoher Verkaufszahlen nicht auf ihrer Bestseller-Liste erschienen ist. Die Times gab dann an, dass die Liste ein „editorial project“, also ein redaktionelles und kein mathematisches Projekt sei. Das bedeutet, dass zwar gewisse Verkaufszahlen berücksichtigt und ermittelt werden, aber es eben keine statistische Evaluation gibt. Doch damit nicht genug: Die Kennzahlen für die Bestseller-Liste werden sogar als Betriebsgeheimnis („trade secret“) gehandhabt! Innerhalb der Redaktion wissen auch nicht alle Redakteur*innen, wie die Liste zustande kommt. Zu Recht sorgt dieser Umstand immer wieder für Kritik und weitere Klagen. Die New York Times beruft sich allerdings auf die amerikanische Verfassung und verbucht die Bestseller-Liste unter „free speech“, also Meinungsfreiheit. 

Was sagst du zu der Aussage der New York Times? 

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